Der alte Westen, auch Pionierzeit genannt. 1848 war James W. Marshall ein Mensch wie jeder andere auch. Ein einfacher Arbeiter, der nach Erfüllung und einem guten Leben strebte. Einer von vielen und in 100 Jahren eigentlich schon wieder lange vergessen. Jedoch sollte Marshalls Name noch im selben Jahr für immer in die Geschichte eingehen, als er in Kalifornien etwas Gold fand. Dies führte zum sogenannten Goldrausch und der amerikanische Westen wurde von heute auf morgen auf den Kopf gestellt. Expansion. Exploration. Schaffung von Lebensraum. Ein historischer Zustrom von Menschenmassen, die alle eigentlich nur eine Sache wollten: Ein besseres Leben und die Erfüllung von Träumen.
Jeder Mensch, egal wie er auch sein mag, strebt nach irgendetwas. In jedem Leben gibt es das Verlangen nach mehr. Nach Erfüllung von Träumen. Das Greifen nach den Sternen. Es ist eines der höchsten Güter, die ein Menschenleben mit sich bringt. Mit Kampf, Disziplin und harter Arbeit das erreichen, wonach einem am meisten ist oder was einem im Herzen fehlt. Die einen begehen diesen Weg auf faire und tugendhafte Art, die anderen tun alles mögliche, sei es nur für eine handvoll Dollar.
Innerer Frieden ist ein erstrebenswertes Ziel für all die Seelen, für die im Geiste Tag für Tag ein Sturm tobt, den es zu bändigen gilt. Das ist nicht immer einfach, nicht immer machbar, aber es ist der Kampf, den man führt. Ein Kampf, bei dem jeder kleine Sieg manchmal weitaus wichtiger ist als die größte Niederlage, die danach schon wieder droht zu folgen.
Du kämpfst nicht um zu gewinnen. Du kämpfst um tagtäglich weiter zu leben.
Das sind die einfachen Geschichten aus dem Leben. Viele davon sind hässlich oder gar blutig, aber diese hier ist ganz bestimmt keine, die mit Staub und Dreck geschrieben wurde.
Adam Page lebt in einem Haus. Früher könnte hier einst eine Stadt im alten Westen existiert haben und da wo heute ein Haus steht, könnte früher einst ein einfaches Haus aus Holz existiert haben. Wer weiß das schon? Es ist vergessen. Wichtig ist es nur für Adam Page, dass er das hat, wonach er immer gestrebt hat. Inneren Frieden.
Was macht der gewöhnliche Mensch, der nach Ruhe strebt? Was macht er an einem Freitagabend? Die Frage stellt sich Adam Page nicht, als er mit verschlafenen Augen in die Mikrowelle blickt. Die Sekunden, die die Mikrowelle noch braucht, dauern auch nur einige Sekunden und keine Ewigkeit, denn hier ist alles so wie es sein soll.
Der Mensch strebt nach inneren Frieden. Den hat der Hangman, wenn er an einem Freitagabend ein Fertiggericht vertilgen kann und sich einer seiner Lieblings-Gameshows widmet. Staub und Dreck haben keinen Platz in einem Leben wie diesem.
Adam Page, geschickt wie er ist, nimmt nach dem Signalton sein Abendessen aus dem Gerät und balanciert es auf einer Hand in einen anderen Raum. Dabei kommt er an seinem Arbeitszimmer vorbei, wenn man es Arbeitszimmer nennen kann. Licht ist noch an, aber es flackert vor sich hin. Page öffnet die Tür zum Raum komplett. Auf dem ersten Blick sieht er nichts anderes als sich selbst. Adam Page, Wrestling-Superstar. Titelgürtel hängen an der Wand. Auszeichnungen für besondere Leistungen sind ausgestellt. Fotos von Momenten im Ring, Backstage mit Freunden und alten Weggefährten. Adam Page ist ein Star, weil er ein Mensch ist, der nach Erfüllung strebt. Er kann zufrieden sein. Er schwimmt in einem Ozean, den er selbst aufgebaut hat und er ist der größte Fisch von allen. Das Licht flackert erneut vor sich hin. Eine kaputte Birne wahrscheinlich. Ein kleiner Wackelkontakt. Nichts, was ein Leben ins schwanken bringen kann, denkt sich Page. Er knipst das Licht aus wie ein unliebsames Problem für das man nicht die Kraft hat, um sich darum zu kümmern und hat es einen Moment später vergessen.
Page führt seinen Weg ohne Umkehr fort und landet schon einen Moment später im Schlafzimmer des Hauses. Page lebt nicht alleine, er hat eine Frau, die ihm immer zur Seite steht. Ein verliebter Blick trifft den anderen. Es ist Harmonie und Glückseligkeit unter einem Dach. Page gesellt sich zu seiner Frau auf das Bett, die ihm im nächsten Moment schon eine Tasse mit Adams Lieblingstee reicht und einen Kuss und schon einen Moment später versinkt Page mit den Augen in einem kleinen TV-Gerät, aus dem gerade die Stimme von Alex Trebek erklingt, der seinen Kandidaten in einer weiteren Folge Jeopardy alles abverlangt.
"Ich hoffe, ich habe noch nichts verpasst."
"Nichts was du nicht schon tausend mal gesehen hast, Adam."
"Du weißt wie sehr ich das hier liebe. Ich will jede Sekunde davon für mich."
"Ich weiß. Du bist ein Träumer, der für all das hier lebt. Du schwimmst in einem Ozean voller Träume."
"Das hast du schön gesagt. Lass uns...", doch Page wird mitten im Satz unterbrochen.
"Stellst du dir nicht manchmal die Frage?"
"Was?"
Um Page herum wird es still. Das TV-Gerät wird still. Trebek spricht, doch die Stimme ist nicht zu hören nur das es im nächsten Moment wieder laut wird.
"Adam, manchmal frag ich mich, wo du mit deinen Gedanken bist. Ich sagte du schwimmst in einem Ozean voller Träume und ich bin froh mit dir schwimmen zu können. Wir haben all das hier. Wir haben ein Haus, du hast Erfolg in deinem Beruf und vor allem haben wir uns. Vielleicht haben wir sogar irgendwann nicht nur uns sondern auch noch jemanden mehr. Wir haben inneren Frieden und nichts macht mich glücklicher, als dich glücklich zu sehen."
Adam Page nimmt die warme Hand seiner Frau. Ja, er ist glücklich. Ja, er hat all das hier und ja, es gibt keinen Grund in Gedanken zu versinken, weil diese Geschichte hier nicht mit Staub und Dreck geschrieben wurde.
"Ich bin glücklich."
"Ich weiß, das bin ich auch. Wir haben dafür gearbeitet. Wir können uns endlich zurücklehnen und das Leben passieren lassen, weil es für Leute wie uns immer gut läuft. Wir schwimmen in diesem Ozean und können uns einfach treiben lassen. Wir haben Zeit für uns selbst, füreinander und vor allem für alles, für das wir sonst nie die Zeit hatten. Du kannst dir sogar Zeit nehmen um ein kaputtes Licht zu reparieren, dass vielleicht mehr repräsentiert als du denkst."
"Was?"
"Du hast all die Zeit, Adam. Ein kaputtes Licht hier und da. Eine Gameshow hier und dort. Du hast soviel Zeit, du musst sie nur sinnvoll nutzen. Du kannst tun und lassen, was du willst. Du kannst genauso gut unliebsame Fragen beantworten. Zum Beispiel für wen die letzte Kugel in deinem Revolver ist."
"WAS?"
Page wird kreidebleich. Von Harmonie kann keine Rede sein, denn das einzige, was er gerade spürt, ist wie er in einem riesigen schwarzen Ozean droht zu ertrinken. Die kalte Hand seiner Frau greift nach der von Page. Blicke treffen sich erneut. Es ist ein trauriger aber feuriger Blick, den Page wahrnimmt.
"Sein wir ehrlich, Mr. Hangman. Du kennst die Antwort doch schon lange. Lassen wir alles Revue passieren. Ich bin nicht mehr in deinem Leben. Deine Freunde sind nicht mehr in deinem Leben. Dein Kampfgeist ist nicht mehr in deinem Leben. Deine Disziplin hat dich schon lange verlassen. Du hast gedacht, dass man all das mit ein paar Kugeln aus dem Leben entfernen kann. Denkst du dich dem Nichts hinzugeben löst den Schmerz, die Einsamkeit und gibt dir inneren Frieden? Wach auf, Hangman. So einfach geht das nicht, wenn du die Sache nicht richtig zu Ende bringst. Du hast verloren und hältst dich am letzten Faden fest. Lass los und du findest deinen Frieden. Die Antwort ist eindeutig und du kennst sie schon seit Beginn... Die letzte Kugel ist für dich selbst."
Page erwacht aus seinem Schlaf mit einem kurzen Schrei und verschwitzter Haut. Das Haus, dass er in seinen Träumen sah ist schon lange nicht mehr das, was in Wirklichkeit existiert. Neben ihm sitzt niemand auf einem Bett. Dort steht kein Tee, nur leere Bierflaschen. Dort steht keine Mikrowellenmahlzeit sondern nur alte Pizza. Alte Klamotten türmen sich fast schon in Bergen, genauso schmutziges Geschirr, Tassen und Gläser. Das hier ist keine Geschichte, aber ein Leben, dass mit Staub und Dreck geschrieben wurde.
Page springt überhastet auf, greift nach seinem Nachttisch und zieht daraus seinen alten Revolver. Ein Kugel verbleibt noch immer. Er lässt den Revolver langsam und schon fast schockiert aufs Bett fallen und stürmt im nächsten Moment in sein Badezimmer um sich zu übergeben.
Das TV-Gerät flimmert noch immer vor sich hin. Es ist Jeopardy. Page nimmt den Ton nicht mehr wahr, aber das Leben nimmt ihn wahr.
"Sie haben gescheiterte Persönlichkeiten im Sport für 200 gewählt... Dieser Mann gilt heute als ein fast schon vergessenes Talent im Pro-Wrestling, welches wahrscheinlich nur noch für seinen Enthusiasmus für Alkohol und Einsamkeit bekannt sein wird."
"Wer ist Adam Page?"
"Korrekt..."
The 'One Bullet'-Tragedy
Chapter 1 - One Bullet Left
Chapter 2 - Story About Nothing
Chapter 3 - Who Is Adam Page?
Chapter 4 - No Bullet Left (Coming Soon)
du brauchst Schildkröten um dich aus der misslichen Lagen zu befreien. Aber Spaß beiseite. Vor allem das Intro ist extrem stark formuliert und detailliert geschrieben. Dir gelingt es einen in diese Welt hinein zu befördern in der sich Adam gerade befindet. Wie du die Emotionen hier verarbeitest finde ich super. Die Niederlagen-Serie macht ihm wohl zu schaffen und wirft Page in eine Sinnkriese. Ich hoffe natürlich sehr, dass in der folgende Episode es sich noch irgendwie zum Guten wendet und er den Schuss entweder im Revolver lässt oder für etwas Sinnvolles verwendet. Die Idee mit Jeopardy dabei war witzig da jeder die Show wohl kennt und Trebek eine Legende ist. Ich drücke Adam die Daumen, dass er aus dem Tal der Traumwelt wieder herauskommen wird und Erfolge auch dann wieder auf der Tagesordnung stehen. Feines Stück! 
War alles ein Traum. Wieder schön geschrieben, Talent ist wieder super erkennbar, Fjall sollte auch Writer für die WGL werden 
Bin gespannt wie das Ganze hier endet. 
absolutes Highlight. Ich finde die ganze Stimmung/Atmosphäre die hier rübergebracht wird richtig gut. Der nächste Part kann kommen 
