WGL Live // Story About Nothing

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    • WGL Live // Story About Nothing

      Ein inhaltsloses und leeres Leben.

      Ein rastloses Gefühl völliger innerer Stille, die jeden Moment zum Weltenbrand führen kann. Ein Gefühl, dass sich ausbreitet wie ein unendlicher Tod, der nicht zum alles erlösenden Punkt führt. Es sind diese Momente, in denen man die Flammen eines Feuers, dass einst noch alten Ballast verschlungen hat, beobachtet und darauf wartet, dass etwas passiert. Etwas, dass einem einen neuen Weg voller Licht offenbart und zu neuen Mut führt. Man wartet darauf. Man wartet und stellt irgendwann fest, dass dieses Ziel nicht erscheint. Es ist derselbe Moment, in dem ein Mann mitten in der Nacht stundenlang eine Wand voller Erinnerungen anstarrt und feststellen muss, dass kein neuer Tag anbricht. Das es da nichts mehr gibt… außer das Nichts.



      Es ist kein Tag wie jeder andere. Es ist Halloween. Für die einen ein normaler Tag. Für die meisten ein Tag der Freude, des Feierns, des was auch immer. Für einen Mann ist es auch kein Tag wie jeder andere. Er will Ruhe. Er will Frieden. Inneren Frieden. Das letzte, was er gebrauchen kann, ist menschlicher oder auch monströser Terror, egal in welcher Gestalt, denn in seinem Geist existiert bereits genug davon.

      Adam Page. Pro-Wrestler. Alkoholisiert, mit den Sinnen nicht da wo er sein sollte, in einer Hand die Flasche, in der anderen den Strick. Das ist kein Kostüm, das ist Realität. Er existiert in dieser Welt und in seiner Nachbarschaft. Die Nachbarschaft, die sich gerade auf das vorbereitet was kommt. Einige dekorieren ihre Gärten, andere schließen letzte Vorbereitungen ab, einige Kinder schreiten schon durch die Gegend um ihre Gier zu befriedigen. Der Hangman will nichts davon und er möchte auch kein Teil davon sein, denkt er sich zumindest. Er schaut sich um und nimmt das Schauspiel war. Ein Schluck mehr lässt ihn nicht vergessen, aber es macht einiges erträglicher.
      Die Nachbarn meiden ihn, so wie er es will und eigentlich auch nicht will, aber es ist das, was er nach außen trägt. Der Strick des Henkers landet mit einem Wurf über dem Briefkasten. Ein klares Zeichen, dass niemand willkommen ist. Ein Zeichen, dass die Leute nicht zum ersten Mal sehen.

      Doch es gibt sie. Die Seelen, die sich Sorgen machen, die die den Mund aufmachen, wenn etwas offensichtlich falsch läuft. Aniela lebt schon einige Jahrzehnte in der Nachbarschaft von Adam Page, nachdem sie aus einem geschundenen Dorf in Polen in die Staaten zog. Man sieht ihr an, dass sie einiges erlebt hat. Ihr Gesicht strahlt Freundlichkeit aus, gleichzeitig aber auch Müdigkeit sowie immense Weisheit. Weisheit darüber zu verstehen, was in den Leuten vor sich geht.

      „Mr. Page, sie sehen nicht gut aus.“

      „Mr. Hangman, wenn ich bitten darf.“

      Adam Page zeigt auf seinen Briefkasten, auf dem groß der Familienname ‘PAGE‘ geschrieben steht.

      „Das ist mein Name. Was wollen Sie heute?“ sagt er in einem scharfen Ton.

      „Sehen sie sich an, Mr. Page. Sie sind ein Wrack. An einem Tag wie heute sollten Sie nicht so ein Bild nach außen tragen. Es tut Ihnen nicht gut und was Ihnen auch nicht gut tut, ist der Alkohol.“

      Page baut sich vor ihr auf, wenn er dazu überhaupt noch in der Lage ist.

      „Im Gegenteil. Es tut mir gut. Es macht alles ein bisschen gleichgültiger und das, gute Frau, ist tatsächlich etwas positives. Heute ist Halloween und das werde ich feiern, indem ich all das von mir fernhalte, was ihr Idioten für einen guten Tag haltet. Knallt euch eure Süßigkeiten rein, bekämpft eure bösen Geister. Ich habe genug mit meinen Albträumen zu tun.“

      Page dreht sich um und geht. Eine andere Nachbarin, Mrs. Valentine, hat das ganze Gespräch mit Neugier verfolgt und erstarrt als sich ihre Augen mit denen von Page treffen.

      „Fick dich, Jill. Kümmere dich um deinen Dreck.“

      Page geht auf sein Haus zu. Er will allein sein und vergessen, dass andere Menschen existieren. Aniela wendet sich ein letztes Mal an Page.

      „Mr. Page, sie haben mit vielen Dingen zu kämpfen, aber nicht mit ihren Träumen. Halloween ist kein polnisches Fest, aber ich finde, dass der Grundgedanke, böse Geister zu vertreiben etwas sehr Löbliches ist. Passen sie gut auf sich auf, Mr. Page. Wir kennen uns gut mit schlechten Träumen aus. In unserer Geschichte gibt es Dinge, die man nicht in der realen Welt sehen will, aber wie ich sagte, Träume sind ihr geringstes Problem. Man fürchtet die Träume umsonst. Sie erst recht, Mr. Page. Was sie fürchten ist das…“

      Der Hangman hört die Worte nicht mehr, denn er knallt die Tür zu seinem Haus zu. Alles was noch vor Sekunden passiert ist, verwischt wie eine Illusion, während Page in seine Küche schwankt und auf einem Stuhl Platz nimmt. Am Fenster sind die letzten Sonnenstrahlen des Tages zu erkennen. Sein Blick wendet sich an eine leere Wand. Gedanken schießen hin und her. Einst war da etwas. Jetzt ist es weg. Jetzt ist es nur noch Leere.
      Das ist er. Der Moment innerer Ruhe und der Moment, in dem man innerlich fast zerbricht. Page wirft einen Blick auf seinen alten Kassettenrecorder. Ein Tape mit Country fliegt aus dem Gerät, knallt gegen die Wand und zerbricht in seine Einzelteile. Ein anderes Tape wird eingeschoben und wenige Sekunden später spielt ein Song, während Page, beeinflusst durch Gedanken und Alkohol, immer weiter in Trance abrutscht.


      I just want to walk right out of this world,
      'Cause everybody has a poison heart.



      Eine halbe Ewigkeit vergeht und Adam Page wird unterbrochen von einem Klingeln an seiner Tür. Am Ende scheint es, als könnte er doch nicht so ganz dem echten Leben entfliehen.
      Mit letzter Kraft richtet er sich auf und schwankt zur Tür. Kinder sind das Letzte, was er gerade gebrauchen kann, denkt er sich, als er langsam und schwerfällig die Tür öffnet. Doch Adam sieht nicht das, was er erwartet hat. Die Welt da draußen ist nicht die, die er kennt. Es existiert nur Dunkelheit, doch auch dort ist noch etwas. Vor dem Hangman baut sich eine weibliche Gestalt auf. Eine Frau, eine Północnica, Lady Midnight. Ein fast hübsches zerschlissenes Kleid in Blut getränkt. Page, der nicht weiß, ob es ein schlechter Scherz ist, ein verdammt gutes Halloweenkostüm oder tatsächlich der Rand seines Verstands, schaut mit kaltem Blick auf das Wesen, welches mit offener Handfläche auf Page zeigt.



      „Du hast die Liebe gehen lassen, Adam. Verbannt aus deinem Leben. Du hast SIE gehen lassen. Jetzt schau dich an. Was ist da noch? Nichts? Nichts!“

      Adam Page, der in diesem Moment absolut keine Ahnung hat, was eigentlich passiert, versucht die richtigen Worte zu finden. Egal ob das hier real ist oder nicht, ihm ist mehr als deutlich bewusst, mit was er konfrontiert wird. Das was einst verbrannt, verschwindet nicht so einfach aus den Gedanken.

      „Ich hab niemanden gehen lassen. Sie hat… ich mein… ich habe… es sollte halt einfach nicht sein. Dann bin ich eben allein. Na und? Mir geht es gut so. Ich brauch das alles nicht. Ich bin glücklich.“

      Page rennen die Schweißperlen von der Stirn. Seine Atmung wird schwerer, er schwankt auf der Stelle.

      „Warum willst du diese Lüge glauben? Wie kannst du glücklich sein, wenn du in jedem Augenblick zu Staub zerfallen könntest? Du hast etwas verloren und jetzt merkst du zum ersten Mal, dass ohne all das nichts in deinem Leben existiert. Leere hat sich in dir manifestiert und den Platz ausgefüllt. Das wird dein Ende bedeuten. Denkst du wirklich, dass die Flammen all das vernichten können? Das das Feuer dir die Erinnerung nimmt und du als neuer Mensch deinen Weg gehen kannst? Wir können dem nicht aus dem Weg gehen. Du schon gar nicht. Es wird dich immer verfolgen und nie verheilen. Leb mit den Narben, leb mit der Leere, leb mit dem Nichts. Die Vergangenheit ist für dich nur Schmerz, eine Zukunft wird es nichts geben. Du existierst zwischen Leben und Tod. Dir bleibt nur ein einzige Sache übrig... die Frage. Du stellst sie dir selbst noch immer, wenn auch unbewusst. Du kennst die Antwort, willst sie nur nicht aussprechen. Du weißt für wen sie ist.“

      Page knallt die Tür mit voller Kraft zu. Er glaubt nicht, was er gesehen hat. Er glaubt auch nicht an das, was er gerade denkt. Er will nicht glauben. Er geht zurück an seinen Platz in der Küche, sackt in sich zusammen und öffnet ein Bier. Doch schon nach dem ersten Schluck scheinen ihm seine Augen den nächsten Streich zu spielen.



      Eine humanoide Gestalt, aber fast wie ein Fisch sitzt am anderen Ende des Tisches. Als Utopiec bekannt. Schleimiges Wasser läuft über die schuppige Haut und tropft mit gewaltiger Macht auf den Boden. Adam Page ist sich im Klaren, dass es sich hier nicht um einen schlechten Halloweenstreich handelt, sondern das er im Kampf ist. Möglicherweise mit sich selbst.

      „Okay, und was willst du mir jetzt sagen? Das ich meinen Fischstäbchenkonsum zurückfahren soll?“

      Ein leichtes Grinsen überkommt dem Gesicht der Kreatur.

      „Einst war ich wie du, doch dann bin ich untergegangen. Das was mir passiert ist, wird dir auf ähnliche Art passieren. Tag für Tag siehst du dir selbst beim ertrinken zu. Tag für Tag sorgst du immer mehr dafür, dass sich das Nichts in dir ausbreitet. Mit jedem Schluck schwimmt immer mehr von dir weg. Mit jedem Tropfen kommst du der Leere näher. Jeden Tag fügst du dir wissentlich Schaden zu in der Hoffnung, dass der Schmerz geringer wird. Was du als Besänftigung wahr nimmst, verstärkt nur deine Gefühle, lässt dich die Kontrolle verlieren und sorgt allmählich dafür, dass Adam Page zu einer Gestalt ohne Inhalt wird. Das was er sich wünscht, wird ihn irgendwann töten. Noch schlimmer, er wird irgendwann vergessen. Stück für Stück, Meter für Meter, zieht es dich nach unten, aber das ist gut, denn es bringt dich an ein anderes Ziel. Es bringt dich zur Antwort, was mit der Leere anzufangen ist. Du kennst die Frage. Du kennst die Antwort darauf. Stell sie dir endlich selbst und beende..."


      Page macht das, was ein Mann in seinen Zustand am besten kann. Er springt auf und holt einen Revolver aus einer Küchenschublade, doch als er beginnt zu zielen, ist nichts mehr zu sehen. Einmal mehr allein.
      Er legt den Revolver wird an seinen Ort, wischt sich den Schweiß von der Stirn. Ein Griff nach dem Bier endet mit einem tiefen Schluck, der von einem erneuten Klingeln an der Tür unterbrochen wird.

      „Fuck. Jetzt reichts. Ich will NICHTS als meine Ruhe.“

      Mit schweren und wackligen Schritten geht Page zur Tür, öffnet sie mit einem Ruck und was er sieht ist nicht das, was er erwartet hat. Die Welt ändert sich erneut. Hat er einen Moment gedacht, dass er sich an einem Ort außerhalb des Universum befindet, einen Ort, der nicht sein kann und auch nicht sein darf, so wirkt alles jetzt noch fantastischer, komplexer, aber auch realer.
      Das Licht im Raum färbt sich rot. Oder ist es nur eine Sinnestäuschung? Page wankt langsam einige Schritte zurück, denn der Gast, der gerade noch vor der Tür stand, steht jetzt im Raum. Die Tür schien nie offen gewesen zu sein und doch steht der Gast direkt vor ihm.



      „Verneinungen schaffen niemals etwas Wirkliches. Und wer ist besser im Verneinen als Adam Page?“

      Der Gast läuft langsam, fast schon schwadronierend wie ein Karnevalsjecke um den leer dreinblickenden Cowboy herum.

      „Der Nihilist zieht aus jeder Lebenslage eine Leere. Du hast in deinem Herzen, in deinem Schädel eine verdammende Leere geschaffen... eine Leere, die mir und meinesgleichen Platz gibt. Platz für unsere Worte, unsere Appelle und auch alles, was wir nicht tun. Es wäre Frevel, deine Gedanken als einen Nährboden zu bezeichnen... denn nichts wächst, nichts blüht auf diesem Acker namens Adam Page. Aber wie sagt man so schön... unter der Erde passieren die wirklich spannenden Prozesse... und die Würmer, die Käfer, die Schattengewächse fühlen sich dort wohl... ich liebe die Dunkelheit, Adam... und du hast so viel unglaublich pechschwarze Dunkelheit in dir...“

      Schallendes Gelächter tritt aus dem Mund des Gastes, während er vorsichtig und behäbig Schritt für Schritt um Page herum tappelt.



      Page bleibt ruhig. Er hat etwas anderes erwartet. Er hat einen weiteren Schlag in den Schmerz erwartet, aber Verständnis und Weisheit erhalten.

      „Du sagst das, als wäre es etwas Gutes... Ich weiß, dass ich meine Probleme hab. Ich bin nicht perfekt. Wer ist das schon? Ich bin ein Nichts, meine Güte. Einer von vielen wahrscheinlich.“

      Fast schon interessiert geht der Gast immer weiter in die Hocke, während er Adam aufmerksam zuhört. Zumindest scheint dem so, seine Maske gibt keine Emotion frei. Er zieht ein pechschwarzes Handtuch aus seiner Brusttasche und fuchtelt damit in der Luft herum.

      „Vantablack... ein Farbton, eine chemische Zusammensetzung, so schwarz, so dunkel, so dicht, dass sie jegliches Licht absorbiert.“

      Der Gast hält eine Taschenlampe, die er bequemerweise vom Tisch hinter sich greift, auf das Handtuch. Das Tuch bleibt pechschwarz.

      „Eine Erfindung der Menschen. Sie erinnert mich an dich. Kein Licht, kein Lächeln, keine Freude dringt zu dir durch. Du absorbierst alles Positive als wäre es nie da gewesen. Es ist keine Frage mehr, was du willst oder was für ein Ziel du verfolgst... du bist wie du bist und du hast keine Ahnung wie du hier angekommen bist. Noch weniger weißt du, ob es jemals wieder besser werden wird. Aber seien wir ehrlich, mein Freund... ist es nicht egal? Ist nicht alles egal? Alles was entsteht, ist wert, dass es zugrunde geht.“

      Der Gast entfernt sich fingerschnippend vom still da stehenden Page und umkreist einen Ledersessel. Er läuft eine Runde um den Sessel, dann setzt er sich hastig hin, als würde hier gerade Musical Chairs gespielt werden. Er lässt seinen Nacken kreisen, der mächtig knackt. Dann blickt er seinen unfreiwilligen Gastgeber an.

      „Wäre es nicht faszinierend, zu wissen, was sein könnte? Ich bin weder ein Engel noch ein Bote Hiobs... ich will dir weder sagen, dass alles gut wird, noch will ich dich warnen, wie schlimm es werden könnte... dadurch, dass dein Herz und dein Kopf leer sind, dadurch, dass du dir Tag und Nacht die Birne wegsäufst, hast du den Adam Page, den es mal gab, komplett vernichtet. Du hast den Switch umgelegt. Es gibt ihn nicht mehr und es gibt nichts, was du tun kannst, um ihn zurück zu holen.“

      Er greift in seine Jackentasche und zieht einen kleinen glasigen Anhänger hervor - er öffnet das Amulett und darin sieht man ein Bild von Adam und seiner Frau. Irgendwas an dem Bild ist "off". Sie blicken scheinbar völlig ausdruckslos ins Nichts. Der Gast stellt den Anhänger neben sich auf einen Beistelltisch, sorgfältig und mit ruhiger Hand.



      Page geht etwas näher zum Tisch. Er sieht den Anhänger ganz genau. Ein Bild, dass nur noch in seiner Erinnerung existiert hat und zuletzt noch in Flammen aufgegangen ist. Ein Bild, dass ihn immer und immer wieder an die Leere in seinem Herzen erinnert.

      „So viel Leere in dir... so ein Spielplatz für neue Ideen... für neue Ziele... ein leerer Canvas, auf dem du mit deinem Blut, deinen Tränen, meinetwegen mit deiner Magensäure Bilder malen könntest, die sogar mich verblüffen würden... Wilde Wirbel aus Sekreten, Farbtupfer aus getrocknetem Menschensaft...“

      Er stellt sich vor Adam auf und greift sich den Talisman, hält ihn Adam auf seiner offenen Hand hin. Adam zögert, doch dann greift er nach dem Anhänger. Mit einem lauten Paukenschlag packt der Gast zu und Adam findet sich in einem unfreiwilligen Handshake wieder - Blut rinnt aus dem Handschlag herunter... der Gast kippt seinen Kopf kurz nach hinten und direkt wieder nach vorne, während sich Adam vor Schmerz auf die Unterlippe beißt. Der Anhänger ist offensichtlich inmitten des Händedrucks zersplittert.

      „Der Mensch leidet so tief, dass er das Lachen erfinden musste. Was musst du erfinden, Adam Page? Sei kein Langweiler... Sei kein Niemand... und wenn du schon ein Niemand sein willst... dann glaube an dich selbst. Glaube an das Nichts. Trage es in die Welt.“

      Ein Augenblick oder eine unendliche Ewigkeit vergeht. Page ist da, wo alles angefangen hat. Auch seinem Stuhl in der Küche. Die ersten Sonnenstrahlen schlagen durch verstaubte Fenster. Sein Blick, kalt und leer, starrt an eine Wand, an der einst Fotos alter Erinnerungen hangen. Jetzt ist die Wand genauso leer wie die Seele von Adam Page. Ein Blick darauf kann für ihn Stunden vergehen lassen und dennoch findet er nicht zum Ziel. Das Licht lässt ihn zu neuen Kräften kommen. Cornflakes und alte Milch stehen noch immer vom Vortag auf dem Tisch. Als Page nach der Milch greifen will, bemerkt er, dass seine Hand noch immer zur Faust geschlossen ist und es dauert erneut einige Sekunden, bis er bemerkt, dass sich darin etwas befindet.

      Eine Kugel. Die letzte Kugel.

      Page steht vor einem Rätsel. Nicht etwa wie die Kugel in seine Hand gelangt ist oder ob alles, was in dieser Nacht passiert ist wirklich der Realität entsprochen hat, sondern ganz einfach vor dem Rätsel der Frage: Für wen ist die letzte Kugel?
      Der Hangman verweilt in Gedanken.

      An anderer Stelle befindet sich Aniela in ihrem Haus. Sie sitzt in einen bequemen Sessel vor ihrem alten und überfüllten Bücherregal. Entspannt blättert sie durch ein Buch über polnische Folklore. Unzählige Geschichten über unfassbare Wesen durchkreuzen ihren Geist. Beim Blättern bleibt sie jedoch auf einer Seite stehen, die über den Teufel, auch als Fiend bekannt, berichtet. Aniela muss beim Lesen der Worte etwas lächeln, dann schlägt sie jedoch hastig das Buch zu und blickt besorgt aus ihrem Fenster in die Richtung des Hauses von Adam Page.

      Umsonst fürchten wir die Träume; der schrecklichste Traum ist nichts, verglichen mit dem Leben.
      - Stanislaw Brzozowski (1878 - 1911), polnischer Schriftsteller




      The 'One Bullet'-Tragedy
      Chapter 1 - One Bullet Left
      Chapter 2 - Story About Nothing
      Chapter 3 - ?
      Chapter 4 - ?

      Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von Fjall ()

    • Wir kriechen schreiberisch alle im Dreck während Fjall da oben wie ein stolzer Adler durch die Wolken der Kreativität fliegt... war echt ein Genuss und auf gewisse Weise schon fast verschwendet an sowas "niederes" wie eine Wrestlingliga. :D Ich habe solche Stories schon öfter gelesen und oft laufen die Autoren Gefahr dass es zu artsy, gewollt, deep wirkt aber Fjall hat hier so einen angenehmen Lesefluss, gepaart mit so einer tollen Schreibe hinbekommen. Die ganze "Geister die mich besuchen"-Story finde ich bei ihm sehr passend. Es war mir eine Ehre, mit dem Fiend (den wir hier dann nur "den Gast" nennen, darauf bin ich am stolzesten weil ich es passend fand ihn für den Kontext auszuleihen aber nicht plump beim eigentlichen Namen zu benennen) meine Teil dazu beizutragen. Tolles, tolles Segment! Page ist so spannend, da verblasst vieles neben. Unsereins macht sich Sorgen über Niederlagen während Fjall die Niederlagen vom Hangman instrumentalisiert um diese ganze Treibsandsituation voran zu bringen.

      Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von Becca ()

    • Ehrlich gesagt weiß ich gar nicht genau was ich schreiben soll, Delta hat es bereits auf den Kopf getroffen. Ich hau jetzt einfach mal in die Tasten, mal sehen was rauskommt:

      Packt zusammen Leute, Fjall ist der neue Owner dieses Forumbereiches. Er gibt ab sofort grünes Licht, was hier gepostet werden darf und was nicht. Fjall hat streng genommen in der WGL nichts verloren. Du bist einfach schreiberisch zu stark drauf, um es für eine FW Liga zu "vergeuden". Ich könnt mir über eine ganze Season das Hirn zerlegen, um ein Segment, eine Promo, whatever zu schreiben und es würde dem hier nicht annähernd das Wasser reichen. Dieses Live war so atmosphärisch, ausdrucksstark, (hier beliebiges Superlativ einfügen) kurzum so grandios, es fesselt einem vor dem Bildschirm. Und augenscheinlich willst du da ja noch mehr Kapitel bringen, worauf ich mich jetzt schon sehr freue. Ich will, ohne Scherz jetzt, das man Fjall den Slammy fürs Live of the Year schon jetzt reserviert bzw. gerne überreicht. Den wenn irgendwas das noch toppen sollte, dann sind es vllt. Kapitel 3 oder 4 der Story.

      Bow down to the Hangman Fjall! :worship:
    • Was soll man dazu noch sagen? Ich habe es mir durchgelesen und bin ganz schön baff. Die Atmosphäre hier und der Schreibstil sind einfach sowas von großartig, selten sowas spannendes und packendes gelesen. Wie Fjall den Hangman verkörpert imponiert mir sehr und der Fiend hat mir hier auch sehr gut gefallen. Die Messlatte wird mit diesem Segment nochmal sehr hoch gelegt und eigentlich kann nur er selbst das nochmal toppen.

      Es ist zwar wirklich sehr lang, aber es hat verdammt viel Spaß gemacht es sich durchzulesen. Was soll ich noch sagen? Hammer geile Arbeit, meinen größten Respekt. Ich bin schon auf die nächsten Teile gespannt. :daumen.hoch:
    • Delta schrieb:

      Unsereins macht sich Sorgen über Niederlagen während Fjall die Niederlagen vom Hangman instrumentalisiert um diese ganze Treibsandsituation voran zu bringen.
      In einer Welt, in der alle nach dem höchsten streben und das beste verkörpern wollen, muss es auch jemanden geben, der das auch will, aber nicht schafft.

      Ich habs am Anfang nicht so gecheckt, aber ich will Charaktere spielen, die aus dem Leben erzählen. World Champ? I don't care. Ich hab mehr Spaß an jemanden der in einem Loch sitzt und mit der Schaufel noch tiefer gräbt.
    • Holy cow. Einerseits tut es mir leid, dass ich erst so spät etwas dazu schreibe, andererseits wollte ich mir die nötige Zeit dafür nehmen, um es mit der nötigen Ruhe und Sorgfalt lesen zu können. Zu Recht. - Das war ganz stark geschrieben. Nicht nur vom Ablauf, auch die Wortwahl und die Formulierungen, rundum ganz stark. - Rein schreiberisch finde ich ist das über allem, was es in 10 Jahren WGL gab anzusiedeln... und zwar deutlich. Ich könnte mir vorstellen, dass man die One Bullet Tragedy wirklich als Kurzgeschichte veröffentlichen könnte, denn die Qualität dafür steckt drin. Absolut als Live des Jahres vorgeschlagen. Die Charaktere hier haben zwar Wrestlingbezug, aber eigentlich hat das hier nichts mit Wrestling zu tun, sondern einfach nur mit hochspannenden Charakteren. Fiend war auch toll eingearbeitet. - Das Segment hat eine wunsderschönschaurige schwere, eine bizarre Schönheit. - Manchmal beängstigt es mich mir vorzustellen dass der Hangman Charakter autobiographische Elemente enthält, auch wenn es mich zeitgleich fasziniert. Ich bin begeistert. Ich bin entgeistert. Ich bin ausdruckslos beeindruckt.
      ( ´ ▽ ` )ノ___________________________________________________________

      "The good thing about the American Dream is... that you can just go to sleep...
      ...and try it all again the next night."
    • War stark geschrieben, das meiste dazu wurde ja schon gesagt. Atmosphärisch großartig, vom Stil her großartig. Mittendrin hat es mich kurz etwas verloren, war aber nur ne kurze Stelle, war dann mit dem Fiend wieder drin. Klingt am Ende so, als hätte Aniela was damit zu tun, vielleicht war es also gar nicht der "echte" Fiend sondern sie selbst oder einer der Nachbarn als Fiend verkleidet. Aber vielleicht sollte man darüber auch gar nicht so viel nachdenken, sondern es einfach so wie es ist auf sich wirken lassen.

      nWo 4 Life