Lobotomy Blues - Wenn es zerbricht...

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    • Irgendwann zwischen dem Cryption Crown Title Match und dem Brawlin' Rumble...



      Er spürte Arme und Beine nicht mehr. Saß auf einer Wolke aus Zuckerwatte. Oder irgend so einem Scheiß.
      Es ging alles sehr schnell. Und war so unerwartet. Ein Piledriver. Auf eine verdammte Ringtreppe. Ein abgefahrener Move, der nicht hätte passieren dürfen. Der ihn was kostete. Viel kostete.

      Aber eigentlich war doch alles in Ordnung. So wie immer. Der rosa Elefant reckte ihm tanzend den leuchtenden Zauberstab in's Gesicht.

      Faded

      Dann veränderte sich alles. Bunt wurde grau und weiß. Kalt und ablehnend.


      Dr. Häuser: "Eine Gehirnerschütterung ist das Mindeste. Wir müssen Sie in ein Krankenhaus bringen, eine MRT machen lassen."

      Keine Reaktion. Grizz Lee starrte einfach nur vor sich hin. Er krümmte die Finger. Das ging. Aber er merkte es nicht. Seine Füße steckten noch in den Boots. Er bewegte die Zehen. Auf und ab. Er merkte es nicht.

      Es gibt solche Momente, in denen zerbricht etwas. Diese speziellen. Wenn Deine erste Liebe Schluß mit Dir macht, nur um einen Tag später mit 'nem anderen zusammen zu sein. Wenn Dir Dein Traumjob weggenommen wird, weil Du ein falsches Wort gesagt hast. Wenn Dir Dein bester Freund... unfassbare Schmerzen zufügt. Und Du Dich einfach nur fragst: Warum?
      Man weiß nicht genau, was es ist, das zerbricht. Aber irgendetwas ist da. Es fühlt sich so an. Es tut weh. Nicht nur körperlich. Auch ganz tief im Inneren.

      Häuser fummelte ein paar Pillen aus einer Schublade. So gut er konnte, drehte Grizz Lee den Kopf.

      Grizz: "Und der Rumble?"

      Dr. Häuser: "HAHA! Sie sind ein Spaßvogel. Da werd' ich Sie ganz bestimmt nicht hin lassen. Ich meine..."

      Unterschätze niemals den Willen eines Menschen. Grizz Lee stand auf. Wuchtete sich vom Untersuchungstisch. Hölzern. Unästhetisch. Ungelenk. Aber er stand.

      Dr. Häuser: Hören Sie, das..."

      Im nächsten Moment traf ihn die Faust. Gezielt an die Schläfe. Der Wrestler schnappte sich die Pillen. Warf sie ein. Und schluckte. Widerlich.

      Grizz: "Tut mir leid, Doc. Wenn Sie wieder wach sind, ist das alles schon vorbei."

      Vorbei. Alles. Zerbrochen.

      Brawlin' Rumble. X.
    • A Dying Wish

      Als er in den Kindergarten kam, begann er zu verstehen, wie das bei anderen so war. Sie hatten alle eine Mutter. Und einen Vater. Mal war es das eine, mal das andere Elternteil, das die anderen Kinder abholen kam. Aber der kleine Timmy war schon glücklich, wenn sein Großvater draußen auf ihn wartete. Warten durfte. Ein Mal die Woche. Sollte er es an anderen Tagen versuchen, hätte er ihn nie wieder sehen dürfen.
      Seine Mutter gab ihm nicht wirklich viel. Erst recht keinen Vater. Zumindest keinen richtigen. Da war der Typ, der von morgens bis abends nur auf der Couch saß und übel roch. Nach Alkohol und Schweiss. Oder der andere, der ihm abends Schlaflieder vorgesungen und Geschichten erzählt hat. Nur, um ihn kurz darauf zu berühren...



      Er wollte schon sehr früh wissen, wo denn sein Papi sei. Nach und nach wurden ihm dann Geschichten aufgetischt. Und er glaubte sie. Natürlich. Was blieb einem Kind denn schon anderes übrig? Ein amerikanischer Soldat, der sie und den kleinen Timothy hier, in Heidelberg, zurückgelassen hatte. Weil er es so wollte. Weil ihn seine kleine Familie niemals interessiert hat.


      "Aber denkt er denn nicht auch mal an mich?"

      Nein. Niemals. Er war ein böser Mensch. Aber seine Mutter, die ihm fast monatlich einen anderen Typen vor die neugierige Nase setzte, die selbst nichts anderes zu tun hatte, als den Buben seines Vaters zu berauben... sie war natürlich ein guter Mensch. Mit viel Glück konnte er mittags ein kaltes Essen im Kühlschrank finden. Das war natürlich am Vorabend gemacht worden. Als er schon längst im Bett war. Sein musste. Hungrig. Ja, eine tolle Kindheit.


      Irgendwann, es muss wohl 1985 gewesen sein, fand er ein Bild in einem ihrer mit Klamotten voll gestopften Schränke. Alles nur für den Job. Welchen eigentlich? Ein recht beeindruckend aussehender Typ in Uniform.


      "Ist das mein Papa?"

      Ja. Und es war auch das letzte Mal, dass er nach ihm gefragt hatte. Einzig und allein, dass er aus einer Stadt namens Nashville stammte, konnte sie ihm noch sagen. Denn dann kam der Kerl in's Zimmer, der ihn gerne und häufig verprügelt hatte. Er war wohl derjenige, der am stärksten in die Rolle des Erziehers drängen wollte. Und von da an... begann er seine Mutter zu hassen.

      Ein Jahr später lernte er einen Jungen namens Kevin kennen. Ein für sein Alter recht großer und kräftiger Junge, der ebenfalls in der Siedlung der US-Soldaten wohnte. Doch bei ihm war es anders. Seine Eltern stammten beide aus den Staaten. Ironischerweise aus Nashville, Tennessee. Nach außen eine glückliche Familie. Doch Timothy kam nie auf die Idee zu fragen, ob sie seinen Daddy kannten. Jedenfalls machte sich dieser Junge gelegentlich einen Spaß daraus, einfach so und ohne triftigen Grund, andere Jungs zu verprügeln. Diese waren immer größer und älter als er. So war es keine Seltenheit, dass Kevin desöfteren mit blutiger Nase oder Schwellungen im Gesicht beim kleinen Timmy auftauchte. Und der fragte sich insgeheim, was diese Familie so glücklich machte. Und ob sie es überhaupt war.


      Sie verstanden sich von Anfang an blendend. Auch wenn der kleine Timmy mittlerweile von Pubertät und abgewiesenen Lieben schon fast zerfressen die aufbrausende Art Kevins nicht nachvollziehen konnte. Sie teilweise sogar hasste. Aber sie gingen ihren Weg. Sie entkamen dieser "Hölle", wie sie es später einmal nennen sollten. Sie lernten einen Mann namens Hate kennen. Und der gab ihnen ein Ziel. Das hatten sie erreicht. Einige Male.
      Und heute, zwanzig Jahre später, sind sie noch viel weiter. Am Ende eines langen Weges.