Es ist mitten in den frühen Morgenstunden am vierundzwanzigsten Dezember und die Stadt ist nun in eine dicke Decke aus Schnee gehüllt, welcher auch nicht den Anschein macht weniger zu werden. Immer noch landen große Schneeflocken auf Autos, Bäumen den Gehsteig und jenen wenigen Menschen welche um solch eine Uhrzeit noch draußen unterwegs sind. Dies sind nicht gerade viele, um genau zu sein sehen wir sogar nun einen Mann, der mit seiner Bommelmütze am Kopf, beiden Händen in den Hosentaschen und gesenktem Haupt durch die verschneiten Straßen zieht.
Ihm hängen die letzten Stunden wie viel zu schweres Gepäck auf den Schultern und seine sonst so gute Laune scheint vollkommen in Zweifel und Depression umgeschlagen zu haben. Zu viele Gedanken schweifen Donovan durch den Kopf und lassen ihn an seinen Taten zweifeln. Seine Vergangenheit hat ihm den weg bereitet zu diesem Dasein in dem er vor jedem kuscht. Sich all die Lasten jener aufbürdet die ihn nur als Fußabtreter sehen und für die er ansonsten keinen weiteren Zweck erfüllt. Doch sieht er überhaupt einen Zweck in sich selbst? Was macht er aus seinem Leben überhaupt? Ist dies hier all das was er wollte? Was WILL er überhaupt ? Mit diesen existenziellen Fragen als weißes Rauschen hinter sich herziehend erreicht Donovan schließlich seine Wohnung. Im obersten Stockwerk eines nicht gerade fein aussehenden Wohnkomplexes fällt er schließlich, ohne das Licht einzuschalten auf sein Bett, reibt sich die Augen, wirft seine Kleider achtlos über einen stetig wachsenden Kleiderstoß und schaltet das Fernsehgerät ein. Während irgendwelche Stimmen aus dem Flimmerkasten ihn von dem ablenken sollen, was ihn gerade quält, lässt er seinen Blick durch das Appartement schweifen und hat dabei wohl noch nur zu deutlich die Wohnung seines Bosses im Hinterkopf. Aus dem TV Gerät hören wir nur spanische Wortfetzen und mit einem schnellen Blick begutachtet Donovan einen Cartoon über Luchadores, schenkt diesen aber genauso wenig Beachtung wie seine Mitmenschen es mit ihm machen.
Mit einem kaum merkbaren Seufzen bleibt sein Blick auf den schäbigen, kleinen Weihnachtsbaum aus Plastik hängen der hier gut möglich auch das ganze Jahr stehen könnte so eingestaubt und erbärmlich wie er aussieht. Doch auch wenn der Baum nur eine Karikatur dessen ist für was er steht, muss er doch zwangsweise an seine Familie denken. Oder zumindest den Part der noch übrig geblieben ist. Gedankenverloren greift Donovan zu seinem Smartphone, wischt über den Screen über einige verpasste Nachrichten und hört sich seine Sprachbox ab.
Sally: "Hey Don! Ich bins wieder. Sally.... du weißt schon, deine Schwester? Haha... Naja ich wollte dir nur sagen, dass... du immer noch gerne eingeladen bist über die Feiertage. Ich... weiß ehrlich gesagt nicht mal ob die Nummer noch stimmt. Du reagierst nicht auf meine Nachrichten und Anrufe. Ich hoffe dir gehts gut... Naja uhm... Mary würde sich auf freuen. Sie hat ihren Onkel schon lange nicht mehr gesehen und kaut mir ständig ein Ohr ab, deswegen, haha.. Uhm, okay. Also ... Melde dich, okay? Frohe Weihnachten großer Bruder."
Ein mattes Grinsen huscht ihm über das Gesicht, ob dies von der Nachricht, oder dem lustigen Luchadore Sketch gekommen ist, können wir aber nicht mit Sicherheit sagen. Einen Augenblick fährt sein Daumen über den Kontakt, doch anstatt die Nummer zu wählen oder einen kurzen Text zu verfassen, legt er das Handy zur Seite und schließt seine Augen. Zu aufwühlend war der Tag. Das einzige was er gerade wirklich will ist seine Ruhe ohne weitere Plagegeister die ihn zurechtweisen wollen und so verfällt er in einen, nicht sehr ausgelassenen Schlaf.... welcher ruckartig durch eine Explosion erschüttert wird. Begleitet von Schnappatmung reißt Donovan seine Augen auf und traut diesen nicht sonderlich als Funken aus seinem TV-Gerät sprühen und aus dem Luchadore Cartoon Sketch nun ein waschechter Maskenträger heraushüpft und zu seinem Bettende stehen bleibt. Langsam streift er sich die Kapuze vom Kopf, begutachtet den hysterischen Mann in seinem Bett, ehe er auch die Maske ablegt und ihm zuzwinkert.
Future: "Hola Hombre. Relax... Relax... alles ist gut. Also, noch. Sag mal was, machst du jetzt eigentlich so? Also you know, mit deiner Zukunft?"
Nachdenklich fährt sich der sehr jung aussehende Mann übers Kinn, während Donovan heftig schluckt und seine Bettdecke näher an sich zieht.
Donovan: "Ähm... Was? Ich, naja... ich wollte eigentlich...."
Mit dem Zeigefinger abwinkend und einem "Nope" Gesichtsausdruck schüttelt der junge Luchadore sein Haupt.
Future: "No no no no no.... Was du wolltest oder geplant hast zählt nicht. Es kommt drauf an, was du umsetzt, kay? Die Zukunft kannst du formen wie du willst, also... nach deinen Möglichkeiten und so. Verstehst du? Glaub mir, ich kenn mich gut damit aus, immerhin bin ich der "Ghost of Christmas Future" comprende? Aber.... was sag ich da, rück mal ein Stück."
Ziemlich aufdringlich schiebt der "Geist der zukünftigen Weihnacht" Donovan im Bett zur Seite und fast über die Bettkante zu Boden. Aufgebracht und genervt grummelt der Heimgesuchte, doch Future lacht nur.
Future: "Hahaha. Da schau mal... Das.....ist deine Zukunft.. Das ist nächstes Jahr um diese Zeit... Sieht ja... ziemlich langweilig aus, findeste nicht?"
Nicht gerade beeindruckt deutet Future auf das TV Gerät wo wir nun, anstatt einer regulären Übertragung die Wohnung von Donovan sehen. Auf den ersten Blick sieht diese kaum anders aus als zum derzeitigen Zeitpunkt. Der selbe schäbige Weihnachtsbaum. Dreckige Teller in der Spüle, lose Kleidungsstücke im Raum verteilt allerdings.... liegt nur eine Person im Bett. Die Augen an die Decke gerichtet bewegt sich diese nicht. Langsam zoomt das Bild näher und wir erkennen Donovan oder zumindest eine mögliche Version von ihm. Ungepflegter Dreitagebart, tiefe Augenringe und einen sehr hellen ungesunden Teint vegetiert er im Bett und rührt sich keinen Zentimeter.
Donovan: "Das.... bin das ich? Was... ist mir passiert?"
Future zuckt mit den Schultern und stopft sich Nachos von einer angebrochenen herumstehenden Tüte achtlos in den Mund.
Future: "Don´t know. Vielleicht Schlaganfall? Herzinfarkt oder irgendwas hervorgerufen durch Vereinsamung oder Depression. Auf jeden Fall bist du Tot, okay?"
Mit groß aufgerissenen Augen stottert der Heimgesuchte und kriegt keinen klaren Satz aus dem Mund, stattdessen schluckt er tief. Den Geist der zukünftigen Weihnacht scheint das nicht sonderlich aus dem Konzept zu bringen
Future: "So wie du aussiehst... Naja, ich bin kein Totengräber oder so, aber... du dürftest schon ne Weile so herumliegen."
Fassungslos schlägt Donovan die Decke zur Seite.
Donovan: "Aber... WAS? Warum hat mir denn niemand geholfen, oder... hat mich gefunden? Mein Job.... meine Schwester.. was... WIE?"
Mit einer beschwichtigenden Handgeste und den Knacksen brechender Nachos drückt Future einen weiteren Knopf auf der Fernbedienung und zeigt Donovan Bilder aus seiner Arbeit.
Future: "Oh du hast Recht! Natürlich ist das nicht unbemerkt geblieben in dieser Zahnarztpraxis! Da schau!"
Am Fernsehgerät sehen wir nun die Chefin der Praxis wie sie mit einem jungen Mann spricht, der klar eingeschüchtert einen Stapel Akten in Händen hält.
Zahnärztin: "Und DAS ist dein Arbeitsplatz. Husch husch, nimm Platz. Setz dich an die Akten und zwar flott! Diese Woche gibt es übrigens keine Pause bis all das fertig ist! Ich dulde keine Faulpelze! Dein Vorgänger ist irgendwann einfach nicht mehr zur Arbeit gekommen und hat dir einen Berg Arbeit hinterlassen, also wenn du dich beschweren willst, dann bei ihm!
Zufrieden glucksend nimmt Frau Doktor Platz hinter ihrem Schreibtisch und widmet sich ihren Nägel zu, während die neue Aushilfskraft ihr Schicksal akzeptiert und sich an die Arbeit macht. Wütend grummelt Donovan, doch Future hat noch ein TV Programm für ihn. Zapp!
Future: "Und deine Schwester? Ssssssssss Sally nicht wahr? Excelente, das müsste sie doch sein. Ach, was frag ich dich, so lange wie du sie nicht mehr gesehen hast erkennst du sie eh nicht."
Donovan aber schüttelt den Kopf und sagt leise.
Donovan: "Nein nein... das ist sie definitiv... Sie sieht genau aus wie Mutter..."
Gedankenverloren sieht er auf dem Röhrenbildschirm wie Sally mit ihrer kleinen Tochter Mary die hier nicht älter als sieben Jahre sein wird den Weihnachtsbaum schmückt. Die Stimmung ist ausgelassen. Fröhlich. Fast genauso wie Weihnachten in seiner Vergangenheit, bevor er seine Gefühle tief in sich begraben hat. "The ghost of Christmas Future" neben ihm ist mittlerweile wieder aufgesprungen und dehnt sich nun ausgiebig.
Future: "Tja... nachdem du dich nie zurück gemeldet hast. Hat sie es irgendwann aufgegeben den Kontakt mit dir zu halten. Wer kann es ihr auch verüblen, si?"
Diese Bilder scheinen das Fass zum überlaufen zu bringen. Auch Donovan springt nun vom Bett auf, vollkommen aufgelöst packt er den Geist der künftigen Weihnacht am Schlawittchen.
Donovan: "WAS wollt ihr von mir? DAS soll meine Zukunft sein? HELL NO!"
Mit einem flotten Grinsen auf den Lippen "zappt" sich der Geist zur Seite, was Donovan zu Boden stürzen lässt.
Future: "Nana, No Swearing Hombre! Das lamentieren hilft dir da auch nichts. Ich zeig dir nur was passiert wenn du dein Verhalten nicht änderst. Wenn du weiterhin dein Potenzial vergeudest. Deine letzten sozialen Kontakte schleifen lässt und nicht für dich einstehst! Zeig das du Cojones hast! Do something, ey? Oder sonst..."
Verzweifelt am Boden liegend fleht Donnovan den Geist fast an.
Donovan: "Sonst... was? Sterbe ich?"
Mit dem Kinn deutet The Future erneut auf den TV-Screen wo nun ein Grab zu sehen ist. Inmitten zahlreicher anderer Gräber, alle ohne Namen steht ein weiterer Grabstein der nun ins Sichtfeld gerichtet wird.
Future: "Sterben tun alle mal, das ist nicht der Punkt. Ansonsten, gerätst du in Vergessenheit. Nobody, wird wissen wer du bist, wer du warst. Niemand wird um dich trauern. Schon gar nicht die, die dich zu deinen Lebzeiten als Fußabtreter benutzt haben. Ich meine.... wenn es das ist was du willst...."
Mit Tränen in den Augen schlägt Donovan auf die Holzdielen am Boden und krächzt ein wimmerndes "NOOOO"...
Future: "Well... dann weißt du was du tun musst."
Schluchzend in der Fötus Stellung verharrend weint sich Donovan in einen neuerlichen Schlaf, hört dabei vermutlich nicht einmal das "Booyaka" welches den Geist wieder verschwinden lässt. Stattdessen wird er nach einigen Stunden, als das Tageslicht sich ihren Weg durch die halb zugezogenen Rolladen ins Innere der Wohnung bahnen am Boden liegend wach. Eine Sekunde schließt er wieder seine Augen, atmet tief auf und... lacht dann aus tiefsten Herzen. Er weiß tatsächlich was zu tun ist....
FORTSETZUNG FOLGT
